Flügel, Klavier, E-Piano, Keyboard

Flügel, Klavier, E-Piano, Keyboard, was sind eigentlich die Unterschiede? Welches Instrument ist für mich das Richtige? Worauf muss ich beim Kauf eines Instrumentes achten?

Ist es in Ordnung, wenn ich für mein Kind am Anfang „erst mal nur ein Keyboard“ besorgen und schaue, ob es überhaupt Lust hat? Kann ich auf einem E-Piano genau so gut lernen wie auf einem akustischen Klavier?

Diese Fragen stellen sich jedem, der selbst mit dem Klavierspielen beginnen möchte oder sein Kind zum Klavierunterricht anmelden will. Ich kann hier sicher nicht alle Fragen ausführlich beantworten, das geht in einem persönlichen Gespräch besser. Aber auf die wichtigsten Eigenschaften und Unterschiede der Instrumente möchte ich hier eingehen. Dabei kann ich nur ungefähre Richtwerte nennen, denn die Entwicklung auf dem Markt schreitet ständig voran und die Preise ändern sich laufend.

Flügel

Tastenumfang: 88
Tastenmechanik:
Tonerzeugung:
Größe:
Gewicht:
Preislage:

Klavier

Tastenumfang: 88 (einige ältere Klaviere haben 85)
Tastenmechanik:
Tonerzeugung:
Größe:
Gewicht:
Preislage:

E-Piano / Digitalpiano

Tastenumfang: 88
Tastenmechanik: gewichtet
Tonerzeugung:
Größe: 132-152 breit, 35-50 tief
Gewicht:
Preislage: Mittelklasse 1.500-2.500€

E-Pianos sind ein Kompromiss aus Keyboard und Klavier. Die Klangerzeugung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, doch hier sprechen wir von den Digitalpianos, weil sie inzwischen am weitesten verbreitet sind.

Die gewichteten Tasten sollen ein ähnliches Spielgefühl wie beim Klavier vermitteln. Das akustisches Klavier, besser gesagt: der Flügel ist immer das Vorbild und das Maß der Dinge. Doch auch bei einer hochwertigen gewichteten Hammertastatur mit Ivory-touch ist das Spielgefühl und im Vergleich zu einem akustischen Klavier immer noch anders.

Was bei allen technischen Raffinessen manchmal vergessen wird, ist der Klang. Die Klangverhältnisse unterscheiden sich erheblich zwischen einem Digitalpiano und einem akustischen Klavier. Beim Digitalpiano wird der Klang elektronisch erzeugt. Der Anschlagsdruck ruft eine vorbereitete Sounddatei auf, einen gesampelten Klang, der dann entsprechend verstärkt wird, oder der eine von mehrfach gesampelten Klängen aufruft. Jedoch klingt dieser mehrstufige dynamische Anschlag (Laut und leise) trotzdem immer noch punktuell. Ein crescendo klingt „stufig“ und nicht wie eine einheitliche, „stufenlos“ stärker werdende Linie. Hinzu kommt, dass der Klang aus den Lautsprechern kommt, die rechts und links im Gerät eingebaut sind. Bei günstigen Geräten hört man den Klang also immer aus einer Richtung, und es gibt keinen Raumklang, der die Ohren ganz umgibt. Teurere Geräte machen auch auf diesem Gebiet Fortschritte. Aber hören Sie selbst:

Bei vielen Digitalpianos sind die Tastengeräusche wahrnehmbar laut. Auch wenn man mit Kopfhörern spielt, ist das Klopfen der Tasten im Nebenraum deutlich zu hören. Auch beim Klavier und beim Flügel gibt es Klopfgeräusche, aber die vermischen sich mit der Schwingung der Saiten des Resonanzkörpers, was zusammen den charakteristischen Klavierklang ergibt. Wenn beim E-Piano der Ton leise gestellt ist, oder über Kopfhörer gespielt wird, hört man von außen nur das laute Klopfen.

Das hat Auswirkungen auf die Spieltechnik. Häufig stellen viele Schüler das E-Piano leiser, um ihre Mitmenschen nicht zu stören. Da das Klopfen aber trotzdem laut ist, spielen sie instinktiv besonders leise. Man kann einem Klavierspieler anhören, ob er zu Hause auf einem akustischen oder einem digitalen Klavier übt. Der Digitalspieler hat meist einen schwächeren Anschlag und große Schwierigkeiten, ein einheitliches legato zu spielen. Natürlich gibt es immer Ausnahmen.

Preislich sollte man sich an die Mittelklasse (1.500-2.500) halten. Mit Instrumenten unter 1.500€ kann man die Spieltechnik und das Gehör nicht ausreichend entwickeln.

Keyboard

Tastenumfang: 49, 61 oder 76
Tonerzeugung: elektronischer Kontakt
Größe: Breite ca. 94 cm, Tiefe ca. 32 cm, Höhe ca. 11 cm
Gewicht: etwa 4 kg
Preislage: 50 - 450 €
Eignung für Klavierunterricht: absolut nicht geeignet
Yamaha YPT 260, ca. 177,- €

Keyboards sind von elektronischen Orgeln (Heimorgeln) abgeleitete Instrumente, die für Alleinunterhalter gedacht sind, aber im Gegensatz zu den Orgeln kleiner und leichter und deshalb zum Tragen geeignet sind. Man nennt sie auch portable pianos oder Entertainer-Keyboards. Wie auf den Heimorgeln kann man auf ihnen Melodien mit einer automatischen Begleitung zum Besten geben, verschiedene Klänge (sounds) einsetzen, die Tonhöhe verändern (pitch shift) oder einen Demosong abspielen lassen. Die älteren Keyboards waren mit MIDI-Anschlüssen ausgestattet, um sie mit Mischpult oder Soundmodulen verbinden zu können (Masterkeyboard), jüngere haben USB-Ports, die meisten einfachen Keyboards haben einen Audio- und einen Kopfhörer-Ausgang und einen AUX-Anschluß. Außer der Tastatur besitzen sie verschiedene Schalter, Drehknöpfe, Regler, ein display, eingebaute kleine Lautsprecher. Möchte man für andere spielen, sollte das Keyboard aber unbedingt an einen Verstärker (Keyboard-Amp) angeschlossen werden, nur so kommt der sound wirklich zur Geltung.

Die Tastatur sieht zwar der eines Klaviers ähnlich, aber sie ist von der Orgel abgeleitet und unterscheidet sich erheblich von der eines Klaviers oder Flügels. Die Tasten betätigen keine Mechanik, sondern lösen nur einen elektronischen Kontakt aus. Das Spielen auf einem Keyboard erfordert ein anderes Spielkonzept (spezielle Fingerkombinationen für die Begleitautomatik) und eine völlig andere Spieltechnik (Anschlag, Spielgefühl) als auf einem Klavier.

Im folgenden video klingt Beethoven’s Mondscheinsonate auf dem folgenden Keyboard trotz extra angeschlossener Technik ganz anders als auf einem Flügel. Da alle Töne gleich laut sind, ist die Mittelstimme viel zu laut, die linke Hand ist offensichtlich insgesamt leiser gestellt und zeigt keine Variation in der Dynamik.

Die Vorteile eines Keyboards liegen in seiner geringen Größe, dem geringen Gewicht, seinem interessanten technischem Beiwerk und dem Preis.

Die Nachteile sind der Klang aus kleinen Lautsprechern, die reduzierte Tastenzahl, die gefederte, viel zu leichte Orgeltastatur, auf der man nicht dynamisch differenzieren kann (laut und leise spielen). Der letzte Grund ist das entscheidende Ausschlußkriterium. Ein Keyboard ist eben kein Pianoforte (Leiselaut) und daher für den Klavierunterricht absolut nicht geeignet.

Kann man den Unterschied zwischen E-Piano, Honky-Tonk-Klavier und akustischen Klavier hören? Ein Pianist probiert es aus:

Die Unterschiede hört man natürlich besser, wenn man „gute“ (trainierte) Ohren hat. Viele Menschen hören die feinen Unterschiede vielleicht nicht und sind auch mit Beethoven als Klingelton zufrieden. Mein Tipp: um die Ohren zu trainieren, gehen Sie (mit ihrem Kind) in ein klassisches Klavierkonzert. Je öfter, desto besser hören sich die Ohren ein und nehmen immer mehr Schönheiten des Klangs wahr.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.