Tonbewegungen

Inhaltsverzeichnis

Innerhalb eines Musikstücks bewegen sich die Töne aufwärts oder abwärts, bleiben auf der Stelle oder machen Sprünge. Das können einzelne Noten genau so gut wie Tongruppen sein. Diese Bewegungsrichtungen kann man mit dem Gehör erkennen, mit dem Körper nachvollziehen, sie tanzen und in die Luft oder auf ein Blatt Papier malen. Und später kann man sie in den Noten mit den Augen wieder erkennen.

Das Erfassen der Noten-Bewegungen mit den Augen ist Relatives Notenlesen. Es ist die beste und sicherste Methode, einen komplexen Notentext schnell sinngemäß zu erfassen. Absolutes Notenlesen, das Identifizieren der genauen Position einer Note und des entsprechenden Tons auf dem Instrument, wird zusätzlich benötigt, um die Anfangs- und Schlusstöne eines Abschnitts, eines Bogens oder eines Lagenwechsels zu erfassen.

Notenlesen ist eine Kombination aus Absolutem und Relativem Lesen.

Phasen

1. Mitvollziehen von einfachen Tonhöhenbewegungen

Vielleicht ist das aus dem Kindergarten, der Musikalischen Früherziehung oder Grundausbildung bekannt: bei hohen Tönen strecken wir uns bis zum Himmel, bei tiefen Tönen machen wir uns ganz klein. In vielen Kinderliedern wird weiter differenziert und das stufenweise Steigen oder Fallen der Töne wird gezeigt: „Steig höher, immer höher, immer höher“ oder „Steigt ein Bübchen auf den Baum“, oder auch „Schieb, schieb in’n Ofen ‚rein!“

Man kann gar nicht früh genug damit anfangen, viele solcher Bewegungslieder mit Kindern zu singen. Eine bessere Vorbereitung auf den späteren Musikunterricht gibt es nicht.

2. Nachvollziehen von Schritt – Sprung – Wiederholung

Die Übungen zu der Unterscheidung zwischen Tonschritt (1 Ton weiter), Tonsprung (Töne überspringen) und Tonwiederholung (den gleichen Ton noch einmal) gehören auch in die Musikalische Grundausbildung oder den Klavier-Gruppenunterricht, da Kinder diese Dinge am besten in einer Gruppe lernen können.

Zuerst wird das Gehörte mit der eigenen Bewegung nachvollzogen:

  • Ein Lehrer oder ein Schüler spielt 2 Töne am Klavier, die Gruppe hört, ob es sich um einen Schritt, eine Wiederholung oder einen Sprung handelt und geht oder springt das auf dem Fußboden nach. Toll ist auch ein Notenlinienteppich, auf dem die Notenlinien so weit auseinander sind, dass ein Kind wie eine Note mit beiden Füßen Platz zwischen 2 Linien hat.
  • Es geht auch umgekehrt: ein Schüler macht einen Schritt, einen Sprung oder eine Tonwiederholung auf dem Boden, ein anderer Schüler vollzieht diese Bewegung mit 2 Tönen am Klavier nach.

Dann wird das Gehörte und Bewegte sinngemäß mit den Händen in die Luft gezeichnet. Diese „Luftschrift“ kann aus Strichen oder Punkten bestehen, dabei sollte man den Kindern nicht zu viele Vorschriften machen.

Sodann wird die Luftschrift als Grafische Notation auf Papier übertragen.

Striche zeigen die Tonbewegungen im Mückenlied
1. Zeile des Mückenliedes

Auch dieser Vorgang kann und sollte rückwärts ausgeführt werden, zum Beispiel als Ratespiel, verteilt auf verschiedene Kinder: Spielen / Hören – Bewegen – Luftschrift.

Nach und nach kann wird der Schritt Bewegung übergangen und Luftschrift oder Grafische Notation stehen als Symbole für Tonbewegungen bereit, auch wieder in beide Richtungen auszuführen.

In dieser Phase sind einzelne Töne noch nicht absolut zu verstehen, sondern relativ. Es ist egal, auf welchem Ton man beginnt oder wie groß der Tonsprung ist. Auch der Rhythmus spielt hierbei noch keine Rolle.

3. Schritt – Sprung – Wiederholung von absoluten Tönen

In der nächsten aufbauenden Phase werden die Tonbewegungen von bestimmten absoluten Tönen aus gefordert. Hier kann wieder die Bewegung auf dem Fußboden/Notenteppich eingebaut werden, damit sich die Position der einzelnen Noten ganzheitlich einprägen kann.

Je mehr Variationen in das Spiel in der Gruppe eingebaut werden, desto sicherer werden diese Vorgänge im Gedächtnis verankert. Die Aktionen

  • Hören (erst relativ, später absolut)
  • Bewegung auf dem Boden
  • Luftschrift
  • Grafische Notation
  • Spielen (erst relativ, später absolut)

können in jeder beliebigen Kombination und in jeder Richtung miteinander verknüpft werden.

Im Klavier-Einzelunterricht machen solche Spiele zwar nur halb so viel Spaß wie in einer Gruppe. Aber wenn der Schüler noch gar keine musikalische Vorbildung hat, müssen sie auch im Einzelunterricht quasi nachgeholt werden, damit eine innere Tonvorstellung gebildet werden kann. Ich habe auch bei 8jährigen Anfängern erlebt, dass der Unterschied zwischen hoch und tief nicht gehört wurde und demzufolge die Übertragung der Tonbewegungen auf die Richtungen rechts und links am Klavier nicht gelang.

Hausaufgaben

  1. Wenn Ihr Kind im Kindergarten-/Vorschulalter ist, singen Sie viele Lieder, bei denen man hoch und tief, auf und ab mit den Händen zeigen kann.
  2. Spielen Sie die 2. Phase oder die 3. Phase mit ihrem Kind am Klavier, je nachdem, wie weit es gerade ist. Das Bewegen auf dem Boden kann ausgelassen werden, aber den meisten jüngeren Kindern macht gerade dieser Punkt am meisten Spaß. Wechseln Sie immer wieder die Rollen: mal spielt ihr Kind zwei Töne und Sie zeigen die Bewegung in der Luft, mal spielen Sie und ihr Kind zeigt die Tonbewegungen mit Luftschrift oder zeichnet sie oder geht/springt am Boden. Das ist doch mal eine Hausaufgabe, die wirklich viel Spaß macht!

Dieses war der vierte Streich, doch der fünfte folgt sogleich!

Wenn du eine Phase gemeistert hast, segele weiter zu den Lagen: Oktavlagen und Quintlagen

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