Vom Blatt spielen bedeutet, ein Stück beim ersten Ansehen nach Noten spielen zu können, ohne es vorher gehört oder gesehen zu haben. Auf italienisch heißt es Prima Vista = auf den ersten Blick.
Die Fähigkeit, Noten vom Blatt spielen zu können, ist für Musiker sehr wichtig. Wenn man es kann, geht es genau so schnell und leicht, als würde man eine Zeitung lesen. Auch unter Profimusikern gibt es gute Notenleser (die einfach alles spielen können, was in den Noten steht), die nicht unbedingt gute Musiker sind und umgekehrt. Manche sind ohne Noten ganz hilflos, andere können spontan einfach weiterspielen (auswendig oder improvisiert), wenn die Noten herunterfallen.
Allerdings nützt es nichts, schon nach Noten spielen zu wollen, wenn man die Musik noch gar nicht versteht. Man würde ja auch nicht einem Kind, das noch nicht sprechen kann, das Lesen beibringen. Darum macht es Sinn, am Anfang viele Lieder und Stücke nach Gehör und ohne Noten zu spielen.
Warum ist Vom-Blatt-Spiel wichtig?
Die Fähigkeit, Noten zu lesen, hilft dabei, sich schon vor dem Spielen eine Vorstellung von der Musik im Kopf zu machen. Die Fähigkeit, auch unbekannte Stücke richtig vom Blatt zu spielen, hilft dabei, ein neues Stück selbständig üben zu können, das zu spielen, was in den Noten steht und nicht eine eigene Version zu erfinden. Sie hilft dabei, sich selbst beim Spielen auch zuhören zu können. Und sie hilft dabei, sich beim Spielen nach Noten nicht unnötig zu verkrampfen (weil man grübelt, welche Noten es sind).
Was heißt denn aber musikalisch sein? Du bist es nicht, wenn du, die Augen ängstlich auf die Noten gerichtet, dein Stück mühsam zu Ende spielst; du bist es nicht, wenn du (es wendet dir Jemand etwa zwei Seiten auf einmal um) stecken bleibst und nicht fortkannst. Du bist es aber, wenn du bei einem neuen Stück das, was kommt, ohngefähr ahnest, bei einem dir bekannten auswendig weißt, – mit einem Worte, wenn du Musik nicht allein in den Fingern, sondern auch im Kopf und Herzen hast.
Robert Schumann, Quelle: https://www.schumann-zwickau.de/de/04/robert/haus_lebensregeln.php
Was musst du schon vorher können?
- Wissen, dass hohe Töne rechts sind und tiefe Töne links
- Deine Finger benutzen, ohne hinzusehen
- dir Töne im Kopf vorstellen, am besten durch Singen
- dir Töne merken (Laufdiktat)
- Die erste Runde Noten lernen in 7 Schritten geschafft haben.
So gehst du am besten vor, wenn du neue Noten abspielen willst:
- Schau erst die Noten genau an und zeichne mit der Hand in der Luft die Bewegungsrichtung
- Finde die erste Note von jedem Atembogen heraus und sage den Tonnamen laut.
- Beginne mit einer Hand allein und spiele das ganze Stück in einem Rutsch durch, aber nicht zu schnell! Wenn das noch nicht klappt, schau dir die Melodie noch einmal genauer an (ohne zu spielen) und versuche es danach erneut.
- Dann spiele mit der anderen Hand allein die gleiche Melodie.
- Dann spiele mit beiden Händen gleichzeitig die gleiche Melodie.
Noch mehr Trainingsmöglichkeiten
Besorge dir die Noten Bartók: Mikrokosmos I. Spiele daraus jede Woche 1 oder 2 Stücke vom Blatt, aber nur einmal und übe sie nicht auswendig!
https://www.nmz.de/artikel/wie-vom-blatt-spielen-selbstverstaendlich-wird